Donnerstag, 5. Januar 2017

Indien im Umbruch - Bargeldabschaffung und bedingungsloses Grundeinkommen

wikicommons
Indien hat Ende des vergangenen Jahres 2016 für Aufregung gesorgt, weil Ministerpräsident Modi im Zuge seines Kampfes gegen die Schattenwirtschaft die Abschaffung des Bargeldes angekündigt hat.
Es wird geschätzt, dass zwischen 160 Milliarden und 1,6 Billionen Euro an Schwarzgeld im Umlauf seien, die der Besteuerung durch den indischen Staat verloren gehen.
In einem ersten Schritt zur langfristigen Abschaffung des Bargeldes sollten bis 10.Dezember 2016 alte Geldscheine erst einmal gegen neue Scheine ausgetauscht werden, was zu Engpässen bei den neuen Zahlungsmitteln führte und auch Preissteigerungen auf lokalen Märkten verursachte.

Indien steht nun vor dem Problem, dass dort der Bargeldverkehr 12% der Wirtschaftsleistung beträgt, während er im Rest der Welt einem Mittel von 4% entspricht.
In Indien leben gut 29,5% der Bevölkerung in bitterster Armut. Sie leben quasi von der Hand in den Mund und haben dementsprechend ohne Einkommen natürlich auch keinen Zugang zu einem Bankkonto. Sie sind auf Bargeld, das sie durch geringbezahlte Jobs und Betteln erwirtschaften angewiesen.
slumdoginindia.blogspot.co.at

Jetzt zu Jahresbeginn 2017 sorgt Indien erneut für Schlagzeilen, weil es eine große Untersuchung zum bedingungslosen Grundeinkommen beauftragt hat, deren Ergebnis in Kürze veröffentlicht werden soll.
Die indische Regierung möchte eine Diskussion zum Thema Grundeinkommen führen, man betrachte es als einen "Weg nach vorne".
Bislang war es ein Problem, dass Regierungsförderungen oft nicht bei den Armen eingetroffen, sondern versickert sind. Das Grundeinkommen wäre ein möglicher Weg das Geld direkt den Bedürftigen zufliessen zu lassen.

Zählt man nun Eins und Eins zusammen, so wird klar:
Durch ein Grundeinkommen bekämen auch die Ärmsten zwangsläufig einen Zugang zu einem Bankkonto (was wahrscheinlich auch biometrische Erfassung der Personalien bedeutet). Denn nur durch ein Bankkonto kann letztlich der bargeldlose Zahlungsverkehr gefördert und das Bargeld langfristig abgeschafft werden. Ohne Grundeinkommen wird die Bargeldabschaffung in Indien jedenfalls nicht funktionieren.
Wie das dann in der Praxis funktioniert, bleibt abzuwarten. Für Mikrounternehmer, die etwa eine Rikscha fahren, kleine Dienstleistungen anbieten oder Kleinhandel betreiben, wird es sicherlich schwierig, denn das bedeutet dann auch, dass sie eine Kasse und Zahlungsgeräte anschaffen müssen, damit letztlich auch Bankomatzahlung möglich ist.
Wie unangenehm eine solche Kassenpflicht ist, das können wahrscheinlich viele Österreicher, die sich im vergangenen Jahr eine anschaffen mussten, bestätigen.

globalcc.wordpress.com
Im Großen und Ganzen muss ich zugeben, dass ich die Entwicklungen in Indien mit großer Spannung verfolge, selbst wenn ich persönlich derzeit mit Skepsis auf eine Bargeldabschaffung blicke und sie mir für Österreich auch nicht so bald wünsche.
Wenn es jedoch Indien mit seiner hohen Bevölkerungszahl gelingt ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen, und damit auch eine Art von Sozialwesen zu etablieren, dann könnte das der Armutsbekämpfung einen ungeheuer großen Dienst erweisen. Es wäre außerdem eine große Hoffnung, dass das Grundeinkommen in weiterer Konsequenz dann auch in den westlichen Gesellschaften Einzug hält.

Autorin: Irene Labner
Linktipps:
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/bargeld-teilabschaffung-in-indien-sorgt-fuer-chaos-14526318.html

 http://www.independent.co.uk/news/world/asia/india-universal-basic-income-latest-ubi-government-endorse-guy-standing-finland-pilot-earth-network-a7508786.html?cmpid=facebook-post

 http://www.asia-pacificresearch.com/a-well-kept-open-secret-washington-is-behind-indias-brutal-demonetization-project/5566247
Auf Deutsch: http://norberthaering.de/de/27-german/news/746-washington-und-indiens-bargeld#weiterlesen